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Ein Ghostwriter ist kein Hellseher

Auch der Ghostwriter sollte die Eindrücke des Schnuppertermins kritisch auf die persönliche Waagschale legen, inhaltlich und unter ethischen Aspekten. Es sei denn, er ist ein Legionär, der für Geld jedes Thema für jeden bearbeitet. Während dieser Analyse fragt er sich: Liegt mir das Thema überhaupt, bin ich dafür kompetent genug? Hätte ich Spaß an dem Projekt? Passt der Zeitrahmen? Und aus zwischenmenschlicher Perspektive beleuchtet: Welche Erwartungen hat mein Klient? Ist er offen für Alternativvorschläge oder ist er möglicherweise beratungsresistent? Und last but not least: kommuniziert er mit mir auf gleicher Höhe oder bin ich für ihn nur ein akademischer Lieferant?

 Bei aller Begeisterung für das eigene Buch: Erfolg lässt sich nicht kaufen

Apropos Erwartungen: Mitunter wachsen diesbezüglich die Erwartungen regelrecht in den Himmel. So fabulierte ein Klient bereits beim Schnuppertermin, sein Buch werde doch sicher bei einem großen Verlag erscheinen? Auf der Frankfurter Buchmesse sah er sich schon Lesungen halten und seine Bücher signieren. Für mich hieß das: Notbremse ziehen! Nein, ein Ghostwriter ist kein Roboter. Er ist auch kein Hellseher. Und er ist erst recht kein Zauberer mit Erfolgsgarantie im Gepäck. Ich habe diesem Klienten freundlich zu verstehen gegeben, unsere Erwartungen seien wohl in der Endsumme nicht kompatibel. Erfolg lässt sich nun mal nicht kaufen.

Ein halbherzig angegangenes Projekt führt nie zum optimalen Output

Ein anderer Klient, geschäftlich überaus erfolgreich, Niederlassungen in zahlreichen Ländern weltweit, legte sich  schon im Schnuppertermin quer. Er wolle in seiner Biografie partout nichts über sein Geschäft preisgeben. Auch hier Notbremsung meinerseits! Ich weiß übrigens bis heute nicht, womit er sein Geld verdient…

Erwartungen. Moral. Spaß an der Arbeit. Ein erfahrener Ghostwriter wird all diese Überlegungen mit auf die Waagschale legen. Denn ein halbherzig angegangenes Projekt führt nie zu einem optimalen Output. Hierzu gehört, um im Bilde zu bleiben, eine ganze Menge Herzblut.

… meint SeeWo

Übrigens: Es muss nicht immer eine Biografie sein. Manchmal ist ein mitreißendes Redemanuskript gefragt. Ein brisanter Brief. Die smarte Betextung eines Internetshops. Oder auch ein kritisches Sachbuch, wie beispielsweise „Die Spendenmafia“: https://www.amazon.de/Die-Spendenmafia-Schmutzige-Gesch%C3%A4fte-unserem/dp/342678498X